Farbenfrohes Petra

Schnee ist sicherlich das Letzte, was man in der jordanischen Wüstenlandschaft zwischen Totem Meer und Wadi Rum erwarten könnte, der Klimawandel aber macht vor nichts und niemanden halt. Glücklicherweise taute die weiße Pracht schnell ab und Jordaniens einzigartige Felsenstadt konnte vor blauem Himmel und im Schein der Sonne seine Farbenpracht entfalten.

Meine Gesichtsentgleisung bezüglich des Schnees wurde nur noch vom Staunen der Beduinen getoppt, welche das weiße Spektakel zuletzt vor 40 Jahren vor der eigenen Haustür begrüßen durften. Es war kalt, sehr kalt und bedeckt obendrein. Dafür war eine Kaltfront verantwortlich, die Deutschland den letzten Schnee des Winters und dem Mittelmeerraum ähnliche Zustände bescherte. Besagte Wetterlage drang tief in die jordanische Wüste ein, brachte Sandstürme und relativ viel Niederschlag mit sich.

In Petra angekommen, verschlug es mich in das wohl pinkste Hotel auf Erden, das Valentine Inn. Kurz nachdem sich mein Augenlicht an das bonbonfarbene Dauerbombardement gewöhnt hatten, vernahm ich einen deutschen Akzent in den Englischdialogen der ebenfalls in der Lobby sitzenden Reisegruppe. Drei Mädels, die in Israel ein soziales Jahr absolvierten, waren ebenfalls auf der Suche nach einer Unterkunft. Mich zumindest hielt es trotz des merkwürdig grummeligen und sehr verkaufsorientierten Hoteliers im Valentine.

Das Wetter war sehr durchwachsen, doch gegen Mittag rissen die Wolken mehr und mehr auf, was meinen fotografischen Jagdinstinkt weckte und mich doch noch die Ruinenstätten aufsuchen ließ. So oder so ist man in Petra mit umgerechnet 25 Euro Eintrittsgeld dabei. Es lohnt sich durchaus 1,5 bis 2 Tage dort zu verbringen, denn die Wege sind lang und es gibt viel zu entdecken. Ergo entschied ich mich für das knapp 6 Euro teurere 2-Tagesticket und wandelte auf Indiana Jones‘ Pfaden durch den Siqh dem Khazne al-Firaun (Schatzhaus) entgegen.

Die surreal runden Formen des ausgewaschenen und ca. 1,5km langen Siqh beeindrucken schwer, ist er doch am Ende gute 150m hoch und nur wenige Meter breit. Doch genau diese schmale Felsspalte inszeniert die Fassade des Schatzhauses optimal. Spätestens von diesem Punkt an, kann ein junger Mann ausgiebig seinen Kletter- und Wandergelüsten frönen. Zu entdecken gibt es viel und ehrlich gesagt muss man alles gesehen haben, denn auch wirklich alles ist sehenswert. Ob es sich dabei um die etliche Meter hohe Opferstelle mit den Blutabflußrinnen, oder aber um die beiden ägyptischen Obeliske handelt. Von dort oben über das Tal zu blicken ist überwältigend. Surreal zu Gesichtern erodierte Felsen wachen über die Stadt, während der strahlend blaue Himmel von Wolken infiltriert wird.

Folgt man der Route von den Obelisken hinüber zum Jabal al Dair, einem der nord-westlich gelegenen Berge, erreicht man das in den Fels gehauene Kloster Ed-Deir. Der Weg ist kein Zuckerschlecken, warten doch fast 500 Höhenmeter und über 800 Stufen darauf erklommen zu werden. Der Anblick jedoch ist majestätisch und vielleicht, wenn Hamad den Polizisten vor Ort fragt, darf man sich auch als Freeclimber zur Urne auf das Dach begeben.

In etliche der kleinen Nischen und Höhlen haben sich die Beduinen zurückgezogen. Teilweise nächtigen sie dort sogar. Von dort starten sie, um den Touristen ihren Esel, ihr Kamel oder aber „very old coins“ zu verkaufen. Entlang der meistbenutzten Wege gibt es in regelmäßigen Abständen viele Souvenirbuden, in den kargen Felsen hinter dem Ed-Deir sogar welche mit Kartenzahlung :-)

Der römische Einfluss auf die nabatäische Architektur ist unübersehbar, doch möchte man dieser Volksgruppe nicht angehört haben. Erst haut man fleißig alles aus dem Felsen, um dann die kilometerlange Wege zwischen den einzelnen Plätzen sowohl horizontal als auch vertikal überwinden zu müssen. Die farbigen Sandsteinformationen jedoch sind etwas nie zuvor Gesehenes. Von lachsartig gemasertem Dunkelrot bis Schichten von violett und gelb.

Mitten in dieser Farbenwelt traf ich dann wieder auf die deutschen Mädels. Zusammen traten wir den Rückweg vom Ed-Deir an und verloren dabei den männlichen Part ihrer Reisegruppe. Unauffindbar vorneweg geeilt, entschlossen wir uns einen anderen Weg aus dem Petra-Tal zu suchen. Der Weg führte uns auf den Felsen oberhalb vom Schatzhaus, wo wir den Beduinen Audi mit seinem Esel trafen. Mit einer mobilen Wasserpfeife ausgestattet, genossen wir dort oben den Sonnenuntergang während wir auf das Schatzhaus blickten.

Audi lud uns zu sich nach Hause ein. Die Mädchen zögerten zunächst, auch ihres Reisekompagnons wegen, ich hingegen brauchte nicht großartig überzeugt zu werden, ist doch diese Gastlichkeit und das Kennenlernen des Alltags genau der Grund warum ich reise. Nach ca. 1-stündigem Marsch im Beduinendorf angekommen, guckte ein Gesicht um die Ecke: Audis Mutter, der ich am Vormittag noch geholfen hatte einen Baum zu fällen. Prompt hatten wir Tee und ein frisch gebackenes, noch warmes Brot vor uns. In den Abendstunden ließen es sich die Beduinen nicht nehmen, uns noch zurück zum Hotel zu fahren. Denn immerhin liegt das Beduinendorf gute 10km vom Zentrum Petras entfernt.

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