Touristenschlacht an der Tengger Caldera
Der Bromo-Tengger-Semeru Nationalpark wird von vielen Bussen und Städten aus angefahren. Womit auch schon einer der Hauptgründe genannt wäre, warum es in und an der Caldera alles andere als beschaulich zugeht. Es ist schwer dem touristischen Trubel zu entfliehen, und spätestens die mit Plastiktüten vollgemüllte Kraterschüssel des Bromo gibt einem den Rest… Der frequentierteste Punkt ist zugleich der höchste: vom 2770m hohen Gunung Penanjakan schauen sich Morgen für Morgen gut 200-300 Touristen den magischen, farbenreichen Sonnenaufgang an. Dabei kann es leider zu hässlichen Szenen kommen…
„Ich war zuerst hier!“ – „Nein ich!“ – „Du doof! Nein Du doof““ – Klingt ziemlich nach Kindergarten, oder? Und das waren noch die schimpfwortfreien Phrasen die da am Morgen so durch die Luft schwirrten… Leider ist hier aber von sich als zivilisiert betrachtenden Zentraleuropäern die Rede, die zudem noch im besten und nicht Kindergartenalter waren. An jenem Aprilmorgen war der Zaun rund um den Gipfel des Penanjakan Austragungsort holländisch-französischer Scharmützel. Als ich dies hinter mir lassen wollte und den Zaun überstieg, richteten sich die beiden Fraktionen und deren Verbalentgleisungen allerdings schnurstracks gebündelt gegen mich.
Zum Glück war ich in schottischer Begleitung, was mir in Sachen gefühlter Staatszugehörigkeit die englischsprachige Insel einbrachte. Wäre ich als Deutscher enttarnt worden, hätte ich sicherlich die Gesamtschuld am wieder aufgewärmten Krieg um die Ohren gehauen bekommen… Der Gedanke das sich derartige grabenkampfartigen Szenen um einen Sonnenaufgang wiederholen könnten, liegt leider irgendwie auf der Hand. Zum Glück sind nicht alle Touristen so, und blendet man all dies aus, überlässt die Anderen ihrem streitreichen Schicksal, dann kann man trotzdem noch ein Fünkchen dessen genießen, wofür die Tengger Caldera weltberühmt ist: ihren Sonnenaufgang.
Wie auf eine Schnur gefädelt kämpfen sich die Lichter der Jeeps vom Rand der Caldera, genauer gesagt vom Städtchen Cemoro Lawang, Richtung Penanjakan. Mehrere dichte Dieselschwaden und circa 50 Minuten später erreicht man den antennenbesetzten Gipfel, von dem man den sagenhaften Blick über die Vulkanlandschaft Ost-Javas genießen kann. Je nach Wolkenlage bietet sich kurz vor Sonnenaufgang der farbenreichste Moment. Von tiefen Violetttönen bis hin zu sanft vom goldgelben Sonnenlicht gestreichelten Wolken und Kraterrändern kann man farblich fast alles bewundern, was der Regenbogen im Repertoire hat. Allerdings weicht der Farbenzauber circa eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang sehr schnell den konventionellen, eher grauen Eindrücken die eine Vulkanlandschaft sonst zu dominieren pflegen.
Steht man auf dem Penanjakan, ist das Tüpfelchen auf dem i wenn der Semeru eine seine Ascheeruptionen loslässt. Leider ist der Vulkan im Moment (Stand April 2009) sehr ruhig und während mehrerer Tage stieg nicht eine einzige Aschewolke gen Himmel auf. Mit 3676m ist der Semeru ein Riese unter den Stratovulkanen und zugleich größter Javas Berg. Ganz ungefährlich ist er nicht. In den letzten 200 Jahren gab es 50 größere Ausbrüche. Zwar erhebt sich der Semeru nicht so nah am besiedelten Gebiet wie zum Beispiel der Merapi, als Subduktionszonenvulkan aber ist er vor allem für seine pyroklastischen Ströme berühmt und berüchtigt. Die Toilette auf dem Penanjakan übrigens kann getrost zu den apartesten Aborten der Welt gezählt werden. Kleine und große Bedürfnisse sind am besten im Hotel aufgehoben… ;-)
Auch die Einheimischen schauen sich gern die Tengger Caldera an. Nicht zuletzt einer Sage mit royalem Hintergrund wegen. Der starke Tourismus treibt dann auch Stilblüten wie Geldautomaten im Hindutempel oder die vielen hundert nervenden Ojeks. Ojek, das ist das indonesische Wort für Motorroller – und spätestens wenn wieder einer mit abgesägtem Auspuff an einem vorbei röhrt, dabei einem den Aschestaub ins Gesicht wirbelt und die Luft verpestet, ist man als naturverbundener Mensch einfach nur noch angepisst. Am Krater des Bromo angekommen, lässt einem der Müll regelrecht die Kinnlade runterklappen. Abertausende Plastiktüten säumen den Rand des Vulkankraters, und leider sind es allzu oft die Einheimischen die warum auch immer ihren Müll nicht mitnehmen können/wollen. Dennoch ist die Caldera ein Highlight und es ist am angenehmsten sich diese zu erwandern. Von Cemoro Lawang aus sind es circa 2-3 Kilometer zum Bromo. Man kann dies auch abkürzen, indem man die steile Wand der Caldera direkt runter marschiert, doch ist dieser Weg von etlichen Dornen gespickt und eher unter Abenteuer zu verbuchen.
Individualreisende wählen selten die langen Busreisen die in Surabaya oder gar Yogyakarta beginnen. Für sie ist das Städtchen Probolingo das Einfallstor schlechthin um zur großen Caldera Ost-Javas zu gelangen. Laut Lonely Planet soll Probolingo geradezu die Definition von Abzocke und Diebstahl sein. Das mag teilweise sicherlich so sein, denn Gelegenheit macht Diebe, bzw. Betrüger. An zwei Stopps, respektive zwei Tagen mit Übernachtung widerfuhr uns (einem Schotten, einem Engländer und einem Deutschen) nicht einmal ansatzweise so etwas wie Abzocke. Im Gegenteil, in einem Billardsalon an der belebtesten Kreuzung der Stadt kam es zum freundlichen Duell der Queues. Die Damen sahen zwar teilweise aus, als ob man(n) neben Billard noch andere Sachen bekommen könnte, die freundliche Atmosphäre und das Spiel aber brachten problemlos zwei Welten zusammen. In Jakarta hätte das so nicht funktioniert.