Makgadikgadi – Die Salzpfanne mit Zebrastreifen
Fährt man durch Botswana, sammelt der Tacho Kilometer denn viele Straßen machen Umwege. Einer dieser natürlichen Gründe dafür sind die Makgadikgadi Salzpfannen im Nordosten des Landes. Zusammenhängend betrachtet ist es das größte Salzpfannengebiet der Erde. Die Minerale des sonst seltenen Salzes locken, und so durchwandern im Frühjahr und zu Beginn des afrikanischen Sommers Nashörner, Giraffen und riesige Zebraherden das Gebiet. Die Pfannen avancieren zum Sammelpunkt des Regens und werden zu riesigen flachen Seen, deren Wasser nicht nur pittoreske und steinalte Affenbrotbäume, die Baobabs nähren.
Himmel, so richtig klar komme ich auf mein GPS noch nicht. Keine Ahnung, warum es den Weg in die östlichste der drei Makgadikgadi-Pfannen, die Sua Pan, manchmal anzeigt und manchmal nicht. Also frage ich, und hey, da kommt der Polizeiposten gerade richtig. Frage gestellt, erhalte ich von zwei Beamten zwei völlig unterschiedliche Antworten, untermalt von zwei völlig verschiedenen Richtungsanzeigen. Rechts von links zu unterscheiden ist generell keine Stärke der Afrikaner.
Auch das Schätzen von Distanzen ist nicht so ihr Ding, es sei denn man hat Bock mal eben 300-400 km in die falsch gezeigte Richtung zu düsen. Also vertraue ich auf meinen Orientierungssinn, der GPS-gestützt den richtigen Weg findet. Außerhalb der wenigen Teerstraßen wird es schnell interessant, sprich es geht allradunterstützt in die entfesselte Natur. Die Sua Pan ist schnell erreicht. Während ich am Rand entlang fahre bemerke ich bereits die Präsenz des Wassers. Die Nummer hier wird interessant…
Es dauert nicht lange und die ersten großen Pfützen und Schlammlöcher müssen durchquert werden. Deren schlammig glitschiger Boden lädt förmlich zum stecken bleiben ein, daher lasse ich vorsichtshalber Luft aus den Reifen. Mit ~1,2 bar in den Pneus geht es rucki zucki durch die Pampe. Der Motor heult auf. Die Räder wühlen und wirbeln das zur Hälfte mit Wasser durchsetzte Gemisch aus Nashorn-, Giraffen und Elefantenscheiße auf. Da möchte man im zweiten Leben nicht als Spritzschutz wiedergeboren werden…
In der Ferne sehe ich Einheimische die offenbar stecken geblieben sind und mir den Weg versperren. Ich gehe hinüber. Sie haben keinen Hilift Jack, keinen großen Wagenheber. Ich aber. Natürlich helfe ich ihnen ihren kleinen Laster freizubekommen. Sie zeigen mir dann auch den richtigen Weg gen Kubu Island, einer Insel in der Sua Salzpfanne.
Falsche Richtungsangaben hin oder her, an Orten wo das GPS nur eine, die Realität aber viele andere Strecken kennt, sind die Ortskenntnisse der Einheimischen Gold wert. Ich wäre wohl nur schwerlich an mein Ziel gekommen bzw. hätte im Reich der stinkenden Riesenpfützen übernachten müssen um Kubu Island zu erreichen. Dort übernachte ich und setze meinen Weg durch die Sua Pan weiter fort. Beim Frühstück habe ich ein paar Südafrikaner kennengelernt. Sofort ist Sympathie gegeben und wir fahren im Konvoy weiter zur kleineren Nxai Pan.
Doch vorher müssen wir durch die größte der Makgadikgadi Pans. Nach ein wenig Fahrt bleiben wir derbe stecken, denn was eben noch super solide aussah, ist plötzlich instabil. Das Wasser schlummert direkt unter einer fest anmutenden Decke aus getrocknetem Schlamm. Eine böse Falle. Wir befreien die Autos und setzen den Weg weiter am Rand fort. Durch weichen Sand und diverse große Pfützen fräsen sich unsere Allradjeeps gen Zielort.
Die kleinere Nxai Pan ist nicht so karg wie die großen Pfannen und von dichter grüner Vegetation umgeben. Ein Paradies für Giraffen und Elefanten, die schon von weitem wie Türme bzw. große dunkle Klumpen auszumachen sind. Zeit für einen kleinen Game Drive gibt’s immer. Speziell jetzt, wo die vielen Zebras zu sehen sind und sich der Himmel des bevorstehenden Regengusses bedrohlich dunkel färbt. Eine fantastische Lichtstimmung, die die Regenzeit da produziert. Gewaltige Wolken ziehen über das Land. Ein wenig beeilen muss ich mich dennoch, denn die Sonne schickt sich an unterzugehen und es wird schnell dunkel in Afrika, womit zappenduster gemeint ist…
Ergo schlage ich mein Lager auf, futter schnell etwas und schlafe zum Gebrüll der im Hintergrund jagenden Löwen ein. Vor 12 Jahren habe ich mir dabei vor Angst fast ins Höschen gemacht, jetzt aber finde ich es nur noch wunderschön! Am nächsten Morgen wache ich auf, öffne mein Dachzelt, der Himmel ist zwar bedeckt, aber ich blicke direkt in eine Herde verdutzt glotzender, friedlich frühstückender Giraffen. Verdammt geil! So muss Afrika sein. Beim langweiligen, eingezäunten Campen im weltberühmten Krüger Nationalpark bekommt man solche Erlebnisse nicht. An diesem Punkt, was die Nähe zu den Tieren anbelangt, ist Botswana unschlagbar.
Direkt an der kleineren Kudiakam Pan gelegen sind Baines Baobabs zu finden, eine Gruppe von 7 Affenbrotbäumen die auch „Sleeping Sisters“ genannt werden. Das Gemälde des britischen Forschers Thomas Baines verhalf diesen Bäumen im Jahre 1861 zum internationalen Durchbruch, wie man wohl heute titulieren würde. Ihr Alter wird mit mehreren tausend Jahren angegeben. Und wieder mittendrin statt nur dabei sind die omnipräsenten Zebraherden, für die die Salzpfannen Botswanas so berühmt sind. Neugierig schauen die Fohlen gen menschlichem Vehikel. Trotz aller Entspanntheit der Tiere positioniert sich der Big Boss, der Leithengst, immer zwischen Gefahrenpotential und Herde, sprich lässt mich keinen Moment aus den Augen.
Zebras wirken im Übrigen deshalb so fett, weil sie große Mengen von ein und derselben Nahrung zu sich nehmen. Große Mengen deshalb, weil ihre Primärnahrung Gras, gemessen am Energiebedarf eines Zebras, nicht allzu viele Nährstoffe bietet. Diese große Menge Gras fängt im Bauch der Zebras an zu gären, was in logischer Konsequenz – Menschen die viel Kohl essen werden wissen was ich meine – zu einer nicht insignifikanten Menge an Gas führt. Ist man einer Zebraherde sehr nah, dann hört man die Tiere fast unentwegt furzen. Mit am Schönsten aber ist es Giraffen zu begegnen. Ihre Anwesenheit ist ein Ausdruck höchster Friedlichkeit und Harmonie. Wenn ihre turmhohen Hälse entlang der wenigen Sandwege aus dem Gebüsch ragen, wirkt es als stünden sie dem Fremden Spalier.
Ein paar Meter weiter gefahren, haut es mich aber aus den Socken. Der merkwürdig zementgraue Haufen ist kein Werk von Termiten. Er hat vier Beine, bewegt sich, frisst und verbirgt sogar einen zweiten grauen Klotz hinter sich: eine Breitmaulnashorn-Mutter und ihr Nachwuchs ziehen nur wenige Meter von mir entfernt durch den Busch und tun sich am frischen Gras gütlich. Was für ein Tier…! Vor 12 Jahren hatte ich kein Glück es sehen zu dürfen, und schon gar nicht so nah.