Matterhorn Namibias und der große weiße Platz – Von der spektakulären Spitzkoppe zur Etosha-Pfanne
Der unbezwingbar glatte Granit der Spitzkoppe ist der Schlot eines alten Vulkans. Ihre unmittelbare Umgebung ist eine der spektakulärsten Landschaften Afrikas. Die Spitzkoppe wird auch als Matterhorn Namibias bezeichnet und beeindruckte Roland Emmerich dermaßen dort Teile von 10.000 BC zu drehen. Weithin sichtbar überragt das Vulkan-Fossil ein Land, dessen gen Nordosten zunehmende Erhebungslosigkeit in der Etosha-Pfanne kulminiert, eine der größten Salzpfannen der Welt.
Granit aus der Urzeit
Ich komme aus dem Damaraland, von den Felsgravuren der San, zu finden in Twyfelfontein, und fahre über staubige Wege vorbei am Brandberg-Massiv gen Süden zu einem Ort, der mir 2003 bereits ein deftiges „Wow!“ entlockte.
Bevor es nach Twyfelfontein ging, habe ich eine Chinesin aufgegabelt die Namibia mit Bussen bereist und dieses als auch andere Landschaftsspektakel sonst nicht erlebt hätte. Auch ihr klappt bei der Annäherung an die Spitzkoppe von Norden kommend die Kinnlade des sonst recht emotionsfreien asiatischen Gesichts hinunter.
Ich habe Glück und in der Camp Site rund um die Spitzkoppe ist Platz. Ich bekomme sogar die „Rock Bridge“ Camp Site, auf der ich bereits 2003 mit den Nomad Overland Trucks nächtigte. Mittlerweile sind jene Overland Trucks ein Big Business und es gibt nicht nur Nomad. Heißt, man kann auch Pech haben und eine Camp Site ist ob des Frequentierens durch jene Overland Trucks ausgebucht.
Genau wie damals genieße ich das Klettern in den abgerundeten Felsen. Doch immer noch zwickt es gehörig, da ich mir im Damaraland beim Klettern eine Rippenprellung eingefangen habe. Das Spektakel des Sonnenunter- und -aufgangs ist schlichtweg fantastisch und lindernd das Zwiebeln in Zwerchfellnähe.
Auch „meine“ Chinesin vergisst die sonst übliche Parteidisziplin und zeigt Genuss signalisierende Emotionen. Die Sonne gibt alles und setzt die afrikanisch güldenen Felsen des ehemaligen Vulkans meisterhaft in Szene. Caspar David Friedrich hätte sich wohl zu Tode gepinselt ;-)
Die dramatische Landschaft um Damaraland und Spitzkoppe vermeldet, dass hier ganz besondere Kräfte am Werk waren. Vor Jahrmillionen bildete die Linie der heutigen Küste Namibias die Grenze zwischen Südamerika und Afrika, als beide Kontinente noch Teil des letzten globalen Superkontinents Pangäa waren.
Genau entlang dieser Trennlinie (die heute zum mittelatlantischen Rücken gewandert ist) ging damals der vulkanische Punk ab. Genau deswegen gibt es im Süden Namibias so unglaublich ergiebige Vorkommen von Diamanten, der Lebensader der verlassenen Wüstenstadt Kolmannskuppe. Lava und Co. sind auch der Schöpfer einer Landschaft, die mancherorts einen anderen Planeten vermuten lässt. Die Spitzkoppe und ihr Nachbarfelsen Pontok sind also ganz besondere Zeugen und Überbleibsel.
Allein der natürliche, riesige Steinbogen an den Dassie Rock Pools ist ein Hingucker wie er im Buche steht. Wer fotografisch einigermaßen beseelt ist, der kriecht zwischen den Felsen rum, entdeckt jeden Meter erneut andere Formen und Schattierungen und lässt den Auslöser nicht eine Minute lang in Ruhe. Ein bisschen Wildlife gibt es an der Spitzkoppe natürlich auch zu bestaunen. Zum einen gucken Warzenschweine und auch nachtaktive Käuzchen vorbei, zum anderen wird man aber auch von neugierigen Erdmännchen geplagt. Die Kerle sind zwar niedlich, haben aber unglaublich spitze Zähne, die der Kumpel auch einsetzt wenn er z.B. die Obstkiste plündert, uns das Campingleben schwer macht und man letztlich einschreitet.
Der benachbart, circa 200m weiter weg campende Overland Truck entlässt seine Insassen. Nicht wenige Menschen ergießen sich in die Landschaft und sind leider weithin hörbar, als sich der Sonnenuntergang anschickt und der übliche Sun Downer die Kehle hinuntergekippt wird. Während die Sturzbetrunkenen im Stockfinsteren jetzt wieder von ihrem Berg runter müssen, packe ich mir ein herrliches 500g Steak aufs Feuer, das ich mit dem Holz des Camel Thorn Tree in Gang gesetzt habe. Ein Hochgenuss, vor dieser gewaltigen Kulisse.
Das Gebiet um die Spitzkoppe stellt einen Wechsel in der Landschaft Namibias dar. Im Nordwesten schließt sich das Brandberg-Massiv und Damaraland an, heißt, es wird wunderbar felsig und hügelig. Im Süden, Richtung Swakopmund und Namib-Naukluft-Park wird es sehr viel wüstiger. Und gen Nordosten wird das Land immer flacher und flacher und mündet schließlich in der riesigen Etosha-Pfanne, einer größten zusammenhängenden Salzpfannen der Welt.
Die Definition von flach
Der Name Etosha bedeutet in der Sprache der Owambo „großer weißer Platz“ und rührt von einem Binnensee her, der vor Millionen von Jahren entstand und einst sogar vom Kunene Fluss gespeist wurde. Durch Änderung der Flussläufe und Fehlen von konstant zufließendem Wasser, fiel der See trocken und es blieben Lehm, Kalk und Salz zurück.
Wenn es nicht gerade unglaublich viel regnet, dann ist Etosha-Pfanne eher spärlich bewachsen und so oder so die Definition von flach. Und auch diese afrikanische Landschaft war Gegenstand eines Films, sprich „2001 – Odyssee im Weltraum“ von Meister Stanley Kubrick.
Beim Fahren durchs die Etosha-Pfanne breitet sich auf einmal ein prominent-beißender Geruch im Auto aus. Scharf und vorwurfsvoll gucke ich meine Chinesin an, die umgehend unschuldigen Gesichts versichert, definitiv nicht für den sinnesbetäubenden Uringestank verantwortlich zu sein. Sie hat Recht. Wir fahren an einem Tümpel vorbei der es in sich hat.
Hier von Wasser zu sprechen wäre vermessen, denn Hyänen nutzen ihn. Und Hyänen pinkeln unheimlich gern regelmäßig und sehr großzügig hinein. Dieses Verhalten markiert weithin riechbar das Revier (was ich bestätigen kann) und anderseits dient es der Konservierung von Fleisch, lagern die Viecher doch genau dort, im Tümpel, ihr Erbeutetes. Mahlzeit…!
Beim Fahren durchs Gelände breitet sich abermals ein beißender Geruch im Auto aus. Dieses Mal ist aber Feuer im Spiel. Sofort checke ich meinen Toyota, der natürlich in Ordnung ist. Nicht weit weg allerdings schwelt ein Feuer auf einer Müllhalde. Mitten im Etosha Nationalpark. Widerlich. Das die Afrikaner wenig bis keine Sensibilität für Müll haben, naja, wer will es ihnen verdenken, wenn wir dieses Problem noch nicht mal in Europa beherrschen (siehe VW-Abgasskandal). Die Kehrseite der Medaille: Afrika importiert viele westliche Waren, damit es Verpackungen, sprich importiert Müll.
Irgendwie ist die Ausschilderung der Etosha-Pfanne lustig… Denn mein eindeutig oft befahrener Weg durch den Busch mündet in einer Badeanstalt für Elefanten, während oberhalb die regulären Besucher stehen und zugucken. Meine Anwesenheit ist ganz sicherlich nicht Teil dieses Plans und da Elefantenmütter mit sehr jungen Babies dabei sind, trete ich schnurstracks den Rückzug an und fahre neuen Afrika-Abenteuern entgegen.