Bosporus
Wenn es regnet in Istanbul, zeigt sich der historischere Sultanahmet Stadtteil von seiner tristeren Seite. Dann fließen Ströme zementgrauen Wassers die Kopfsteinpflasterstraßen hinunter und weichen den auf die Straßen gekippten Unrat auf. Nicht nur mir ist aufgefallen, dass Istanbul keine Papierkörbe hat.
Der Bosporus wiederum hat mich überrascht, denn meist ist eine solch stark befahrene Wasserstraße am Fuße einer Millionenstadt alles andere als von guter Wasserqualität geprägt. Die Optik des Meeres zumindest stimmte: blau schimmernd schlängelt sich das teilweise glasklare Wasser von der Marmarasee hinauf zum Schwarzen Meer.
Ein besonderes Erlebnis ist die Fahrt von Europa nach Asien. Von Eminönü fahren die Fähren Richtung Kadiköy, wobei man die gleichen Jetons verwenden kann, die man auch für die Metro oder Straßenbahn benutzt.
Jede dieser Fähren ist zur Rush Hour rappelvoll mit Menschen, die geschafft vom Alltag den Weg nach Hause antreten oder aber noch Besorgungen vor sich haben. Hat man sich zuvor ein wenig Brot gekauft, so kann man dieser Tristesse jedoch schnell entfliehen. Einen kleinen Krumen in die Luft geworfen, dauert es nicht lange bis eine der unzähligen Möwen sich den Brocken aus der Luft schnappt.
Das Füttern der Vögel kann schnell Suchtcharakter bekommen, wandeln sich doch die Mundwinkel aller Menschen schnell in ein Lächeln, wenn ein weißgefiederter Flieger mal wieder nach einem waghalsigen Manöver erfolgreich mit Beute von dannen zieht. Ungelogen, man kann Stunden zubringen während man mit dem Vapur zwischen den Kontinenten pendelt, jedes Mal aufs Neue von Eminönü nach Kadiköy, wo übrigens mit dem Haydarpasa Bahnhof der Anfang der Bahnstrecke nach Anatolien und Syrien liegt. In dem gleich an der Hafeneinfahrt gelegenen Gebäude befindet sich der Beginn einer Bahnstrecke die einst bis nach Bagdad und Medina/Mekka reichte.
Auch ist die Stimmung kurz vor und während des Sonnenunterganges an Bord einfach eine Liga für sich. Den Elementen trotzend bahnt sich eine Fähre nach der anderen den Weg durch die Fluten und schlüpft durch die Löcher, die die großen Fracht- und Tankschiffe ihnen lassen. An Bord einer dieser Fähren und zwischen den Kontinenten kann man am ehesten den typisch Istanbuler Sonnenuntergang mit Blick auf Hagia Sophia und Blaue Moschee genießen.