Noch ewiger als Rom – Damaskus
Bereits seit der Bronzezeit siedelten in der großflächigen Oase der heutigen syrischen Hauptstadt Erdenbürger, bereits Pharaonen wie Thutmosis und Amenophis kannten Damaskus, einen der am kontinuierlichsten vom Menschen bewohnten Orte auf diesem Planeten. Nicht nur die alten Ägypter kannten Dimasq, auch in den zwei wichtigsten Büchern dieser Erde, der Bibel und natürlich dem Koran, ist von Damas die Rede. Nicht nur die UNESCO findet, dass die Altstadt von Damaskus auch heute noch mit weltweit einzigartigen Bauwerken wie z.B. der Umayyaden-Moschee den betörenden Charme von Tausend und einer Nacht verströmt. Orient pur!
Eine der ältesten Städte der Welt
Amerikanische Hochhäuser die alle gleich aussehen und in deren Erdgeschossen die immer gleichen Geschäfte nach dummen Trendopfern für ihren von asiatischen Kinderhänden zusammengebastelten Müll Ausschau halten? Ohne mich :-) Ich mag Orte mit interessanter Geschichte, mit Bedeutung, mit Kultur und als ich nachts um 2 dem Flieger entstieg wusste ich noch nicht wie großartig mein Besuch von Damaskus werden wird.
Nach kurzer und zugegebenermaßen recht kalter Nacht, Damaskus liegt auf ~700 Meter Höhe und es war früher März, führte mich mein erster Weg, wie von einem Magneten angezogen, automatisch in die Altstadt, vorbei an der großen Saladin-Reiterstatue die die Zitadelle bewacht, zum westlichen Eingangstor des wichtigsten und größten Basars der Stadt ist, dem Suq al-Hamidiya. Dieser von Wellblech überdachte Schlauch ist übrigens auch ein Zeugnis jüngerer Geschichte, denn die vielen Löcher im Dach die so wunderschön das Licht durchfluten lassen sind Einschusslöcher eines französischen Überfalls.
Im Gegensatz zum Suq von Aleppo kommt der Damaszener Hauptbasar unsortierter daher. So passiert es schon mal, dass neben Brautkleidern und den heißesten Damenhöschen die Dämpfe eines Schawarma-Standes aufsteigen oder leckeres, mit Pistazien garniertes Vanilleeis (Dondurma) verkauft wird während nebenan Haushaltschemie die Geruchsregenschaft übernimmt. Unmittelbar vor der legendären Eisdiele Bakdash trifft man auf den Teemann, welcher aus seinem großen Samowar-artigen Tornister frischen Schwarztee mit Minzblättchen anbietet.
Außerhalb des Suq al-Hamidiya sitzen rund um den Basar verteilt Männer in den Straßen und demonstrieren die Kunstfertigkeit ihrer Gemüsemesser. Es müssen wohl Tonnen von Gurken, Karotten und Zucchini sein die da täglich ihr Leben verlieren. Gleich nebenan wird blinkendes, blitzendes Spielzeug verkauft, leider auch vieles kriegerischer Natur, so zum Beispiel ein robbender Soldat, der alle 20-30cm laut knatternd „Schüsse“ aus seiner Waffe abgibt während nebenan wieder einmal eine Gurke in einem Kunstwerk aufging.
Die einen halben Kilometer lange Röhre des Basars führt dann durch die Überreste des römischen Jupiter-Tempels, welcher mit seinen Säulen und Bögen direkt an den Westeingang der Umayyaden-Moschee anbrandet. Der kleine Platz zwischen Jupiter-Tempel und Moschee ist das Zuhause von hunderten Tauben. Schmeißt irgendjemand auch nur ein einzelnes Korn in die Luft, setzt sich buchstäblich eine Wolke von Vögeln in Bewegung und stürzt sich im Schatten des Qāitbāy-Minaretts auf das Futter.
Die Umayyaden-Moschee ist eine der ältesten Moscheen weltweit und die erste in Pfeilerhallenbauweise. Sie wurde im Jahr 705 errichtet und nahm die Überreste der Johannes-Basilika, einer Johannes dem Täufer geweihten Kathedrale, in sich auf. Die Außenmauern der Moschee, insbesondere die Südmauer, stammen von jener Kathedrale und sind nicht arabisch. Noch heute ist in der Umayyaden-Moschee ein Schrein zu finden, in dem der Überlieferung nach das Haupt von Johannes dem Täufer, einer biblischen Gestalt die auch dem Koran als Yahya bekannt ist, ruht. Die Johannes-Basilika erhob sich wiederum aus den Überresten des Jupiter-Tempels der zu Zeiten des Römischen Reichs an diesem Ort stand und dessen Säulenruinen am Ostende des Basars Suq al-Hamidiya von ihm zeugen.
Der weitläufige, rechteckige Innenhof der in 2001 restaurierten Umayyaden-Moschee ist gewaltig und beeindruckt vor allem durch den gleißend polierten Marmorboden. Im hinteren Teil der Kolonnaden ist der Boden zusätzlich mit farblichen Marmorapplikationen gefliest. Vom Westeingang her blickt man auf das fachwerkartige Uhrenhaus, das oktagonförmige Schatzhaus (Qubbat al-Khazna) zur Linken sowie das weiter hinten gelegene, pavillonartige Brunnenhaus. Das Innere der Moscheehalle ist bis in die kleinste Ritze mit orientalischen Teppichen ausgelegt.
Das obligatorische Ausziehen der Schuhe vor Betreten einer Moschee führt zum „amüsanten“ Nebeneffekt, dass es im Inneren riecht als ob gerade die 10. Klasse eines Männergymnasiums Sportunterricht hatte. Empfindliche Nasen seien also gewarnt. Kleiner Tipp: Schuhe NIE im Moscheeinneren ablegen! Es empfiehlt sich die Schuhe in einer Tüte immer mitzunehmen, da die Treter draußen abgestellt in der Flut von Schuhen durchaus untergehen können. Es sei denn steht auf den abenteuerlichen Reiz auf Socken durch Damaskus zum Hotel laufen zu müssen.
Saladin ist omnipräsent, nicht nur als überlebensgroße Statue am Westeingang der Zitadelle, sondern auch „in persona“ in der Altstadt, direkt neben der Umayyaden-Moschee gelegen. Der große Feldherr liegt dort in dem hölzernen Sarkophag, während der marmorne Sarg direkt daneben leer ist. Letzterer ist ein Geschenk des deutschen Kaisers Wilhelm II., ein Stück gemeinsame Geschichte, von Syrern unvergessen.
Überall trifft man auf erfreute Gesichter, wenn man erwähnt, dass man aus „Almanya“, aus Deutschland kommt. Zum positiven Bild der Deutschen in Arabien hat maßgeblich die deutsche Initiative der Eisenbahnstrecke von Istanbul nach Bagdad, mit dem Ableger von Aleppo nach Mekka via Medina, beigetragen. „Sowohl Franzosen- als auch die Britenbastarde traten Saladins Holzschrein mit Füßen, während Ihr Deutschen ihm ein neues Zuhause schenktet“, kommentiert der Syrer Nour den Moment. Generell ist Saladin in der Erinnerung und den Herzen der Menschen allgegenwärtig. Sie sind sichtlich stolz wenn sie von Salah ad-Din Yusuf bin Ayyub sprechen.