Die spirituelle Erhabenheit von Fès

Die alte Königsstadt Fès beherbergt die größte historische Medina Nordafrikas und ist sowohl Zuhause von guter einer Millionen Menschen, als auch spirituelles Zentrum des Landes.

Seit Menschengedenken spielen Handwerk und Handel die größten gesellschaftlichen Rollen in Fès. Ganz egal ob Töpferei, Gerberei oder Färberei, die Fingerfertigkeiten und ihr Absatz, dass ist die eigentliche Basis des regen städtischen Treibens. Fès‘ wohl bekanntestes Metier an dieser Stelle ist und bleibt die Gerberei. Wer hat sie nicht schon einmal in den Hochglanzmagazinen dieser Welt gesehen, die urigen Bilder der großen gefliesten, mit Farben gefüllten Lehmbottiche, zwischen denen Barfüßige Leder und Stoffe hin und her jonglieren.

Doch auch der Tourismus stellt in einem Land mit gut 20% Arbeitslosigkeit eine mittlerweile nicht unbedeutende Einnahmequelle dar. Spätestens bei der Ankunft, egal ob per Bus oder Bahn, wird man von dutzenden potentieller Helfer und Dienstleister belagert. Gepäckträger hier, Schuhputzer dort und der freundliche Mann der einem die Stadt zeigen will ist auch nicht mehr weit. Zu geizig sollte man sich nicht zeigen, denn für nur eine handvoll Dirhams den Rücken den Weg bis zum Petit Taxi entlasten zu können, kann eine willkommene Erleichterung sein. Fès ist erstaunlich groß, vom Bahnhof zum Eingang der Altstadt sind es gut 4 oder 5km. Vom CTM Busbahnhof ist es sogar noch weiter. Das Petit Taxi stellt dabei das gebräuchliste Verkehrsmittel dar; für 4-5km sind pro Kopf und je nach Verkehrslage ca. 15 Dirham zu berappen.

Hat man diesen Weg gemeistert steht, steht man auch schon vor dem zentralen Angelpunkt der Altstadt, dem blau verzierten Bab Bou Jeloud. Unweit dieses Kleinods vermutete ich mein Hotel, die Pension Batha. Leider verschlampten die meine Reservierung. Das ist nicht weiter tragisch, eigentlich. Aber an einem Osterwochenende, wo halb Spanien und zwei Drittel Frankreich in Marokko weilt und wo zudem der Geburtstag des Propheten auch den Marokkanern ein langes Wochenende beschert, sind Hotels im wahrsten Sinne des Wortes Mangelware. 35 angefragte Hotels, nicht ein freies Zimmer. Und das nachts um kurz vor 12… Keinen Schlafplatz in Aussicht zu haben, ein alles andere als gutes Gefühl.

Zum Glück traf ich auf Youssef, der Haushüter für ein französisches Ehepaar ist und in deren Abwesenheit auf ein Riad (Gästehaus) mitten in der Altstadt aufpasst. Drei Spanierinnen ereilte das gleiche Schicksal und so fanden wir vier uns bald auf dem Weg zum Place R’Cif wieder. Dieser von Touristen weniger in Augenschein genommene Platz war der Ausgangspunkt für drei Mal links, unzählige Stufen steigen, dann wieder einmal nach links abbiegen und dann klopfen bzw. Schlüssel zücken.

Von außen wenig einladend, von innen der reinste Wahnsinn. Das ist eine der Grundregeln der arabischen Welt: niemals die Dinge auf den ersten Blick beurteilen. Für die Gastgeber Laurence und ihren Mann Didier dauerte es fast zwei Jahre bis sich ihr Traum in Sachen Riad in der Medina erfüllte. Heraus kam ein wunderschön restauriertes und nach Zedernholz duftendes Gästehaus mit 3 Zimmern für 5 Personen und einer einfach genialen Terrasse auf der es sich prima frühstücken lässt, während man den Blick über die südliche Medina schweifen lässt. Selbst der konsequenteste Frühstucksmuffel wird angesichts dieses grandiosen Panoramas, Sonne, duftender Crêpes, frisch gepressten Orangensafts und Konfitüre einfach nur schwach werden und reinhauen.

Fès ist wesentlich ruhiger als das hektische Marrakech. Hier wird man nicht von Mofas und Motorrädern über den Haufen gefahren, sondern kann ganz ruhig über durch die Souks schlendern. Die Moscheen aber bleiben den Touristen vorenthalten. Leider. Auf der einen Seite verständlich, denn jene Gotteshäuser werden am Tag fünf Mal genutzt und nicht wie hierzulande einmal die Woche, wenn überhaupt… Auch lässt die Kleidung mancher Touristen selbst in christlicher Hinsicht doch stark zu wünschen übrig. Auf der anderen Seite ermöglichen die geschlossenen Moscheen keinen Dialog zwischen Muslime und interessierten Touristen. Kirchen sind doch außerhalb der Gottesdienste ja auch oftmals problemlos zugänglich. Nach den äußerst positiven Erfahrungen in Syrien & Co., war das eine kleine Enttäuschung.

Eine weitere kleine Enttäuschung war die Sauberkeit in Marokko im Allgemeinen. Man erwartet sicherlich keine klinische Hygiene, wenn man eine der ältesten Medinas der Welt betritt. Es muss aber nicht seit, dass das Abwasser auf die Straße befördert wird und dann mit Eseldung und Kompost eine olfaktorisch „unvergessliche“ Liaison eingeht. Auch zeugt der im Rinnstein der Hauptverkehrsstrasse verwesende Esel (Pferd???) nicht gerade von Pietät gegenüber Reinlichkeit.

Fotografisch gesehen war das Licht allerdings mehr als bescheiden. Obendrein erwartete Laurence neue Gäste und die Hotelsituation hatte sich insgesamt nicht wirklich verbessert. Zwei Tage sind viel wenig Zeit für Fès, ich werde definitiv wiederkommen. Für mich ging es jedoch weiter nach Marrakech mit dem Ziel die marokkanische Wüste zu erkunden

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