Vom Anfang in Ende zum Ende in Jakarta – Eine Reise auf den Sunda-Inseln
Das Städtchen namens Ende kann zugleich auch der Anfang einer Reise sein, zum Beispiel über die indonesischen Sunda-Inseln gen Osten Richtung Jakarta. Auf dem Weg zur Hauptstadt Indonesiens kommt man garantiert mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt und kann hinter die Kulissen derart klangvoller Namen wie Bali oder Komodo blicken. Indonesien, das steht auch stellvertretend für Vulkane, Erdbeben und Tsunamis. Im Augenblick klingt das irgendwie nach einem wenig einladenden Landstrich, aber wer weiß, nachher hatten die Vulkane sogar ihre schöpferischen Hände mit im Spiel, als sich einzigartige Hochkulturen wie kunstvolle Batik, religiöse Großtempel und das filigrane alt-indonesische Schattentheater entwickelten.
Topografisch gesehen ist Flores eine der spannendsten Sunda-Inseln. Auf der stark vulkanisch geprägten Insel schlängeln sich die Straßen zwischen gigantischen Stratovulkanen hindurch, die auch schon mal gute 2000 Meter hoch sein können. Auf Flores trifft man wohl einige der authentischsten Indonesier. Zudem ist es ein sehr preiswertes Pflaster: die ca. 1,5kg schwere Languste vom Grill gibt es schon für schlappe 150.000 Rupien (10 Euro), für zusätzliche 11.000 Rupien (~75 Cent) gibt es sogar noch eine grandiose Meeresfrüchte-Suppe obendrauf.
Ob nun Nasi Goreng, Nasi Campur oder aber Nasi Soto Ayam – Nasi, was gedämpfter Reis bedeutet, ist die Grundlage vieler indonesischer Gerichte. Auf Flores habe ich kulinarisch gesehen die besten Zubereitungsarten angetroffen. Bedenkenlos kann man seine Nase in den Wind halten und sein Essen von einem kleinen Warung auf der Straße kaufen.
Was die politischen Verhältnisse anbelangt ist Indonesien gar nicht weit weg von Deutschland. Wen interessiert es schon, wenn die Springer’sche Jubelpresse mal wieder die Jahrhundert-Kanzlerin ausruft. Und ähnlich wie in Deutschland werden Andersdenkende auch als demokratiegefährdend eingestuft. Dann kommt auch schnell mal die Bereitschaftspolizei, sprich der Knüppel aus dem Sack ins Spiel, wie hier auf den in Ende geschossenen Fotos.
In gewisser Weise ist Bali das Naherholungsgebiet für die Australier. Der Süden der Insel steht vor allem für eins: Strandleben pur. Ob Wellenreiten, in der Sonne braten oder einfach nur schwimmen gehen, in Kuta & Co. wird man auf seine Kosten kommen. Und in Sachen balinesischen Nachtlebens wird vor allem die Legian Street für neue Erfahrungen sorgen. Hier wird nicht nur die Nacht durchgetanzt, sondern gehen auch 60jährigen Holländer gern schon mal auf die Pirsch nach 16jährigen… Auf der anderen Seite wird man als allein reisender Kerl von Nutten regelrecht gejagt. Die Legian war übrigens Schauplatz der Bombenattentate vom 12. Oktober 2002.
Flores ist eher christlich geprägt, Java ist stark muslimisch und Bali kommt hinduistisch daher. So oder so ist Religion in Indonesien etwas sehr Wichtiges. Die Zugehörigkeit zu einer der fünf Weltreligionen ist für Staatsbürger Indonesiens sogar per Gesetz vorgeschrieben. Leider leider schlachtet Bali dieses Thema sehr touristisch aus und präsentiert interessierten Touristen seine religiöse Seite nur gegen Bares. Teilweise gibt es dann auch nur einen sehr begrenzten Einblick.
Im Mother Temple, dem Pura Besakih wird das am deutlichsten. Innerhalb weniger Minuten wird man auf dem riesigen verwinkelten Gelände von A nach B geschleust, ohne wirklich inne halten zu können. Obendrein traf ich oft auf eine abwertende Haltung gegenüber Muslimen. Wenn ich an die gastfreundlichen Muslime in Damaskus zurück denke, dann wurde ich bei der Hand genommen und mir die Religion live und in Farbe gezeigt. Und das eines reinen inneren Bedürfnis und nicht des Geldes wegen… Wer die Religion verkauft, der handelt alles andere als im Sinne des Gottes den er anbetet.
Selbiges trifft auf den Borobudur Tempel nahe Yogyakarta zu. In circa einer Stunde erreicht man mit dem öffentlichen Bus dieses UNESCO Weltkulturerbe. Die Einheimischen zahlen 12.000 Rupien, der weiße Tourist bezahlt 120.000 Rupien – also das Zehnfache. Wie war das doch gleich mit dem Kerngedanken so ziemlich aller Religionen? Alle Menschen sind vor Gott gleich? Naja, irgendwie muss die indonesische Regierung ja finanziert werden. In die Erhaltung der Tempelanlage scheint mir das ausländische Geld jedenfalls nicht zu fließen.
Dafür werden auf dem Gelände sinnfreie Ausstellungen über den Bauern mit den größten Zitronen, oder aber den größten Idioten der am meisten Kakerlaken isst aufgebaut… Die Regelung dass man vor Betreten des Tempels seine Wasserflaschen abgeben muss kann schnell nach hinten losgehen. Unser Zentralgestirn knallt ohne mit der Wimper zu zucken mit voller Härte auf den fast null Schatten spendenden Tempel.
Yogyakarta ist nicht nur der beste Ausgangsort für Tagesreisen zu den Tempelanlagen von Brobodur und Prambanan, die Stadt selbst ist eine interessante Erfahrung. Im Zentrum des Geschehens steht der Kraton, der Sultanspalast, der auch heute noch genutzt wird. In einer der Dependancen des Kraton wird an speziellen Abenden auch das indonesische Schattentheater aufgeführt. Wer des Indonesischen nicht mächtig ist, versteht zwar nicht viel, die liebevoll geschnitzte Bühnenanlage und die Tradition pflegenden Menschen hinter den Kulissen beobachten zu dürfen ist ein Genuss.
Yogyakarta ist DAS Zentrum für Batik. Institutsleiter Dermo hätte mir wahrscheinlich gern einen goldenen Rahmen und den Titel „Kunde des Jahres“ verpasst. Mit nicht weniger als gut 600 ausgegebenen Euros und im Tausch dafür einzigartig filigranen Batiken verließ ich den Laden der staatlichen Batik-Hochschule. Auf der Straße kann man durchaus auf minderwertige Ware stoßen, die z.B. beim ersten Mal waschen ausfärbt. Dermo hingegen ist sichtlich stolz auf die Qualität seiner Batiken, die sich sogar bügeln lassen. Je nach Motiv stecken bis zu 6 Monate in einem 3×1 Meter messenden Werk. Eine nach europäischen Maßstäben unbezahlbare Handarbeit. Die volle Wirkung der Farben entfaltet sich, wenn Licht durch den Stoff scheint. Ob Baumwolle oder Seide, bei Hintergrundlicht klappt einem bei fast jedem Motiv die Kinnlade runter.
Wie schon auf Flores, kann man sich in Yogyakarta von der Nase leiten lassen und bedenkenlos Essen auf der Straße erstehen. In den Abendstunden sieht man des Öfteren kleine mobile Stände, auf deren Mini-Holzkohlegrill ein paar Sate (Spieße) zum Beispiel bestückt mit Hühnchen vor sich hinbrutzeln. Verkehrstechnisch ist Yogya sehr gut angebunden. Neben vielerlei Bussen ist vor allem die Bahn das Verkehrsmittel der Wahl. In die Hauptstadt Jakarta dauert es nur circa. 8 Stunden, wobei man gemütlich über Nacht reisen kann. Vorsicht sei geboten vor der oft auf Anschlag laufenden Air-Condition in Zügen. Wenn man dann noch in ein Smog- und abwasserkanalverseuchtes Loch wie Jakarta fährt, kann man buchstäblich auf die erste Fieberattacke warten.
Es scheint wohl mein Fatum zu sein, dass jede großartige Reise in einem Dreckloch endet. In Westafrika war es Serekunda, bei meiner Arabien-Tour fiel Kairo hinter alle Erwartungen zurück und bei meinem Ritt durch Südostasien erfüllte Jakarta diese Aufgabe. Von Abwassergräben durchzogen und von Smog geprägt transportieren die millionenfach verbauten Air-Condition-Geräte binnen Sekunden Krankheiten von A nach B. Ob großflächige Allergien oder gar Fieberattacken, alles ist möglich. Für die 30 Kilometer zum Flughafen fast 2,5 Stunden im Auto, bzw. im Stau zu stecken, ist weltweit wohl auch einzigartig…