Shivas Reich der Gegensätze – Nordindien im Portrait
Der indische Subkontinent steht für endlose Distanzen, ist unzähliger Menschen Heimat und war einst die Wiege einer einzigartigen Hochkultur. Maßgeblich prägten vor allem die Dynastie der Großmoguln und deren ausgefeiltes Verständnis von indo-islamischer Kultur und Architektur das Bild des Landes. Auf einer über viertausend Kilometer langen Reise quer durch Indiens Norden stolpert man förmlich vom einen kulturellen Höhepunkt zum anderen. Von Kalkutta ging es über die heilige Stadt Varanasi zu Indien typischen Klassikern wie dem Taj Mahal oder der verlassenen Hauptstadt der Großmoguln Fatehpur Sikri. Weiter im Westen wird es zwar karger, die kulturellen Schätze aber spielen in derselben, wenn nicht sogar höheren Liga und verzücken mit Anblicken wie dem der Paläste und Forts in Jaipur und Jodhpur oder dem des hochsymmetrischen Stufenbrunnens von Abhaneri. Den krönenden Abschluss bildete ein Besuch des schrulligen Rattentempels sowie der Stadt Amritsar im Herzen des Punjabs, mit dem großartigen Goldenen Tempel und der nicht allzu weit davon stattfindenden, allabendlichen Grenzschließungszeremonie von Wagah.
Eines vorweg: Ich habe viele Länder gesehen, eine Menge Menschen getroffen und etliche Situationen aller Couleur erlebt. Dafür bin ich dankbar. Indien jedoch hat all dies binnen einer Woche gründlich auf den Kopf gestellt und wären nicht die einfachen Menschen gewesen, die im Nachtzug ihr Essen teilen und in gebrochenem Englisch mit dem Fremden Kontakt aufnehmen, hätte ich wohl vorzeitig die Zelte abgebrochen, derart extrem waren die Erfahrungen Indien auf normale Weise, als Teil der Inder bereist zu haben. Die Phrase „wenig Kultur, viel Schock“ bringt es wohl am ehesten auf den Punkt, denn das Erbe der einstigen indischen Hochkultur, das Andenken daran und die damit verbundenen gesellschaftlich-kulturellen Werte finden heutzutage wenig bis gar keinen Eingang ins Alltagsleben. Alle, vor allem aber Hindus wurschteln sich irgendwie durchs Dasein. Kein Land der Welt kann so unglaublich dreckig, gedankenlos und unhygienisch, zeitgleich aber auch so reich an Kulturgütern, kulinarischen Schätzen und wunderschön sein wie Indien. Doch mehr dazu und natürlich auch viel Positives in den folgenden Artikeln und bitte beachte auch meinen Artikel zu meinen Reiseerfahrungen in Indien, der gewisse gesellschaftliche Eindrücke vertieft und auch die zum Teil harte Wortwahl begründet.
Amritsar hat wenige Sonnentage. Kommt dann noch der
notorische Stadtverkehr hinzu, mag diese Stadt nicht sonderlich einladend erscheinen. Doch es gibt eine
Insel der Ruhe, einen Ort
absoluter Erhabenheit der selbst die
härteste Schale knackt und Hartgesottene in die
spirituelle Welt der Sikhs zu entführen vermag:
Der Goldene Tempel.
Das aus Liebe gebaute
Taj Mahal ist ohne Frage einer der Anlaufpunkte Indiens. Um dieses
Meisterwerk der indo-islamischen Baukunst erschaffen zu können, wurden Land und Leute in beispielloser Art und Weise ausgebeutet. Der Welt hinterließen diese geknechteten Architekten und Arbeiter ein einzigartiges Monument, dessen Ursprünge und erste Züge auf die Mohnpflanze zurück zu führen sind. Glücklicherweise nehmen Dreck sowie unhygienische Verhältnisse im
Großraum Agra eine kleine Auszeit, dafür allerdings kommt teils extreme Abzocke ins Spiel. Nach hartem Verhandeln hilft sie allerdings dabei Perlen wie das
Deckenfresko des 450 Jahre alten
Chini-Ka-Rauza entdecken, das
Baby Taj unter die Lupe nehmen oder aber die Aussicht vom
Agra Fort genießen zu können.
Vom Verkehr übermannt zu werden, in die
bengalische Küche abtauchen zu können, auf
Mutter Theresas Pfaden zu wandeln und
Indien auch gleich von einer seiner
dreckigsten Seite kennenzulernen, dafür ist eine Reise ins
Ganges Delta, in die die
16 Millionenstadt Kalkutta immer gut.
Die
heilige Stadt Fatehpur und die Königsstadt Sikri sind ein
einzigartiges Weltkulturerbe. Glücklicherweise befinden sich die Bauten in einem
sehr guten Zustand, so dass Besucher aus aller Welt einen
intimen Einblick in die damalige Lebensweise erhalten.
Architektonisch sind beide Anlagen
ein Traum, haben wunderschöne Linienführungen und
reiche Verzierungen. Wo wenn nicht hier kann man ein Gespür für die indische Herrscherdynastie der Großmoguln entwickeln.
In
Rajasthan ist Wasser ein wertvolles Gut. Um es möglichst lange aufbewahren und darauf Zugriff haben zu können, legten die Rajputen Brunnen an, die stufenartig in den Boden führen. Der wohl spektakulärste dieser Art ist der 1200 Jahre alte,
hochsymmetrische und aus
dutzenden von Treppen gebaute
Stufenbrunnen von Abhaneri.
Die Stadt Jaipur ist zweifelsohne eine der größten Perlen Rajasthans. Neben einzigartigen Kulturgütern wie der
größten Sonnenuhr der Welt und großartigen Bauten wie dem
Windpalast,
Wasserpalast oder dem
Amber Fort, besticht die Stadt vor allem durch seine
authentische Gastfreundschaft. Ist man auf edle Stoffe und einen guten Deal aus, dass ist Jaipur ebenfalls die richtige Adresse, da man
Pashmina, Kaschmir und
Seidenteppiche in beste Qualität zu sehr guten Preisen erstehen kann.
Kaum eine Szene könnte wohl typischer für
Varanasi sein, als eine vom Fahrer gedankenlos geparkte Auto-Rikscha zu verlassen und sogleich knöcheltief in einem frischen Kuhfladen zu versinken. Die für viele Menschen
emotionalste Stadt Indiens hat viele Verehrer und Facetten, die Mehrheit der in Varanasi gesammelten Eindrücke ist
positiv und authentisch, doch hat der postkartenartig beworbene heiligste Ort des Subkontinents
auch Kehrseiten.
Im
Karni Mata Tempel im westindischen Dorf
Deshnok erfährt die Spiritualität eine besondere Inkarnation, wenn nicht Kühe, nicht Affen und auch kein Fluss sondern
schnurrbärtige Vierbeiner Verehrung erfahren. Der Sakralbau nahe der Wüstenstadt Bikaner ist gemeinhin auch als
der Rattentempel bekannt.
Im
rajasthanischen Jodhpur trifft das Beste zweier Welten aufeinander, wenn sich
indische und arabische Einflüsse gegenseitig ergänzen. Die Stadt wird vom mehr als 500 Jahre alten wehrhaften
Mehrangarh Fort überragt, während zu dessen Füssen das Leben in den
kleinen Altstadtgassen, besonders aber am
Alten Markt nur so brodelt.
Indien und Pakistan verbindet
nicht gerade das
Band der Freundschaft. Die
nahe Amritsar verlaufende, gemeinsame Grenze jedoch bietet
ein Novum bei dem sich
beide Parteien erstaunlich nah kommen ohne gleich die nukleare Bedrohung sprechen zu lassen, bei der
Grenzschließungszeremonie von Attari/Wagah.
Zweifelsohne ist die
indische Küche eine der
vielfältigsten aber auch der
reichhaltigsten der Erde. Egal ob Vegetarier oder Fleischliebhaber, Leckermaul oder Süßigkeitenabstinenzler, Feinschmecker entführt sie in die
Welt der feinen Gewürze, erlesenen Zutaten und Hochgenüsse. Auf der Suche nach ein paar Namen wo man was gut essen kann? Dann geht es
hier entlang…
Wenn einer eine Reise macht,
dann hat er was zu erzählen… Die obigen Fotos können das Leben natürlich nicht in allen Details reflektieren, so z.B. nicht die Erfahrungen die man macht, wenn man auf den indischen Zugverkehr angewiesen ist. Hier findest Du auch ein paar Ratschläge fotografischer Natur, als auch in Sachen Mitbringsel, Gewürze und Stoffe.