1986 – Die nukleare Hölle Tschernobyls und der Fuchs der Geisterstadt Prypjat
Dörfer in der Sperrzone
Es gibt diese Sorte von Bildern, die sich für immer ins Gedächtnis einprägen. Bei mir ist es jenes Luftbild des zerstörten Reaktors von Tschernobyl mit diesem rot-weißen, eingerüsteten Schornstein das ab dem Jahr 1986 wiederholt medial um die Welt ging. Ein eiskalter Schauer jagt mir über den Rücken als der Wald die Sicht auf genau diesen Schornstein und damit das havarierte Kernkraftwerk freigibt als wir an den Kühltürmen und dem Reaktor 5 vorbeifahren, deren Baustellen beide nicht fertig gestellt wurden. Bereits aus der Ferne sieht man wie krass verrostet das alles ist. Gott steh uns bei!
Eindrucksvoll ist auch der Schutzschirm für die Errichtung des neuen Sarkophags. Die Einhausung übertrifft mit 108 Metern Höhe sogar die ehemalige Cargolifter-Halle, das heutige Tropical Islands. Dieses Riesending wird über den alten Sarkophag geschoben werden um abgeschirmt den kontrollierten Rückbau des alten brüchigen Schutzgebäudes beginnen zu können.
Der Reaktor und die darin enthaltene Kernschmelze wird dann wieder geöffnet sein und die Riesenhalle uns hoffentlich vor der massiven Strahlung schützen.
Beim Rückbau werden diesmal ferngesteuerte Maschinen zum Einsatz kommen und keine Menschen, so wie damals. Warum all das? Damit aus einem Provisorium ein dokumentiertes, wartbares Bauwerk wird und damit unsere Nachfahren alles wissen was im Zusammenhang damit steht, denn die Kernschmelze wird noch viele tausend Jahre strahlen.
Teile der Turbinenhalle sind kürzlich eingestürzt. Kein gutes Zeichen…! Angesichts dieser alles und jeden gefährdenden Instabilität kann ich mir nicht erklären, warum die europäischen Geldgeber jetzt erst, im April 2015 (!), sich bequemten die notwendigen Finanzen zur Verfügung zu stellen. An den Sarkophag, welcher von Anfang an nur ein sowjetisches Provisorium war, hätte man schon viel früher rangemusst. Aber die EU lässt sich ja lieber von den Amerikanern instrumentalisieren um die Russen zu ärgern anstatt eine der wichtigsten Pflichten, den Umgang mit dem Erbe Tschernobyl, mal konstruktiv anzugehen. Ein Armutszeugnis derer, die uns vertreten sollen!
Leonid erinnert sich weiter. Niemand wusste so richtig was los ist. Über allem lag der Mantel des Schweigens. Dass das Kraftwerk brannte war offensichtlich, aber welche Gefahr genau davon ausging war unbekannt. Das liegt darin begründet, dass nur wenige Menschen, die Kernphysik studierten, wissen was wirklich los ist.
Die meisten Leute und Einwohner Prypjats waren lediglich Arbeiter mit einem rein technischen Hintergrund. Der Unfall war in vollem Gange. Nach endlos erscheinenden 36 Stunden wurde Prypjat endlich evakuiert, so auch seine Familie. Leonid aber blieb. Männer die bereits Kinder hatten wurden zum Teil gezwungen sich den Aufräumarbeiten zu stellen.