Ostdeutschlands sowjetisches Erbe – Olympisches Dorf und die Kaserne von Elstal
Beim Olympischen Dorf denkt man zunächst ans Jahr 1936, ergo an Hitler und die Nazis sowie den im dortigen Hindenburg-Haus gipfelnden Kult um den ehemaligen deutschen Weltkriegshelden und späteren Reichspräsidenten. Doch auch die Sowjetarmee nistete sich im strategisch günstig gelegenen Elstal und der dortigen Löwen-Adler-Kaserne ein. Interessant aber wird’s im Olympischen Dorf, wo man neben einer grandiosen verlassenen Schwimmhalle auch auf eine interessante historische Melange klar erkennbarer Nazi-Elemente vermischt mit Sowjet-Ikonografie trifft.
Die Reise geht nach Elstal, in ein ca. 15km vor dem damaligen West-Berlin liegendes Dorf ohne Geldautomaten. Durch Elstal führt die B5, eine Schnellstraße die nördlich die Döberitzer Heide begrenzt. Jene Gegend war ein großer Panzerspielplatz und wurde schon seit langer Zeit militärisch genutzt. Am Südende z.B. findet man das in Krampnitz stationierte sowjetische Panzerbataillon, welches ich mir bereits 2015 anschaute.
Wir, mein russischer Freund und Fotograf Victor Boyko und ich, sind mit dem MDR verabredet, der sich für unser Fotoprojekt der gemeinsamen Aufarbeitung des in Ostdeutschland gelegenen sowjetischen Erbes widmet. Das in Elstal befindliche, ehemalige Kasernengelände schloss nach dem Zweiten Weltkrieg das Olympische Dorf mit ein; eine Anlage die eigens für die 1936 abgehaltenen Olympischen Spiele von Berlin geschaffen, dann aber von sowjetischen Offizieren als elitäre Unterkunft genutzt wurde. Die gesamten Mannschaftsunterkünfte und technischen Einrichten und Unterbringungen hingegen waren südlich der B5-Schnellstraße gelegen.
Den wohl krassesten Kontrast aber beherbergt das Hindenburg-Haus im Olympischen Dorf, sprich der Festsaal. Auf der einen Seite zeigt uns ein feuerrotes Lenin-Wandbild den Weg, während auf der Rückseite, im Vorraum, ein originales Wehrmacht-Relief zu finden ist. Gegensätzlicher geht’s nicht… Das Relief war von den Sowjets überputzt und ist nun wieder freigelegt worden. Eine solche Geschichte können nur wenige Orte erzählen, so z.B. auch das Reichsadler-Mosaik mit Hakenkreuz in Krampnitz, dass ich allerdings der Illegalität der Swastika wegen nicht fotografiert habe.
Auch das Traditionszimmer des Hindenburg-Hauses wartet mit einem derartigen Kontrast auf. Auf der einen Seite des Raumes erzählt ein Wandbild vom Kampf um die russische Heimat. Die andere Seite zeigt eine Wehrmachtsstandarte mit Hakenkreuz und allem Pipapo. Dieser inhaltliche stellt den architektonischen Konflikt, des im Wilhelminischen Stil gebauten und von Plattenbauten gerahmten alten Gebäudes, gelinde gesagt in den Schatten.
Natürlich sind auch die anderen Bauten des olympischen Dorfes sehenswert, so z.B. die alte verlassene Schwimmhalle oder den Speisesaal der Nationen, wo in den Trainings- und Sporträumen noch die typisch kommunistischen „Höher, schneller, weiter!“-Wandbilder schlummern. Das heutige Olympische Dorf wurde aus dem Kasernengelände herausgelöst und kann heute mit Führungen problemlos besichtigt werden.
Auf der Südseite des Geländes sieht es anders aus. Die Gebäude sind derart stark angegangen, dass das Gelände umzäunt ist und ein Wachschutz darüber wacht. Nachdem ich nun einige derartige Orte besuchte, ist man sicherlich motivisch verwöhnt, auf der anderen Seite muss man aber auch klar sagen, dass die Löwen-Adler-Kaserne trotz ihres imposanten Namens nicht wirklich sehenswert ist, was auch der großen Masse an Graffiti geschuldet ist. Nur wenige Details zeugen noch von den einstigen sowjetischen Hausherren, im Wesentlichen sind das die für das Dienstzeitende üblichen Kritzeleien an den Wänden, in Russland gemeinhin als „DMB“ bekannt. Die Dachstühle sind in der Regel voll davon.