Athen, Akropolis und Römische Ruinen
Seit 7.500 Jahren wird der Raum Athen vom Menschen besiedelt. Sinnbild dieses Daseins und seiner alten Kultur ist der Akropolis-Hügel, der weithin sichtbare Burgberg mit dem Parthenon. Sowohl Berg als auch Bebauung zeugen von den großen Zivilisationen dieser Welt, von Griechen, Römern, Venezianern und Osmanen und vom stetigen Zankapfel Mittelmeer. Und auch heute steht die Symbolik des Tempels für ein Europa der Kontraste.
Hier beginnt Europa!
„Hier beginnt Europa!“ prangt am Eingang der Athener Akropolis. Gemeint ist damit unter anderem auch jene Herrschaftsform, die sich in jüngster Zeit deftiger Kritik ausgesetzt sieht, die Demokratie. Von der Macht, die vom Volke ausgeht ist heutzutage wenig, fast gar nichts zu zu spüren.
In Zeiten frisierter Arbeitslosenstatistiken und verlogener Regierungsoberhäupter tritt vielmehr die hässliche Fratze der industrialisierten Politik zu Tage. Eine Industrie, deren Abhängige, sprich Politiker, sich durch Machterhalt finanzieren, koste es was es wolle, und dem der Geburtsprozess eines Umfeld inhärent ist, der die Orbans, Brexits und Trumps dieser Welt das Tageslicht erblicken lässt.
Es ist früh am Morgen. Die Wintersonne schickt sich an über die Hügel der Umgebung zu kriechen und die Soldaten, die in der Früh immer die griechische Flagge hissen, verrichten ihren Dienst warm eingepackt. Es ist kalt. Dennoch sind ihre Gesichter erfüllt von Stolz. Einer grinst sogar als er mitkriegt, dass ich mir zu dieser frühen Stunde erstmal fett Drum’n Bass zu Gemüte führe während die ersten Sonnenstrahlen das Gemäuer des Erechtheions durchdringen.
Der Marmor ist rutschig und nur wenige Menschen laufen hinauf zur Akropolis. Die Touristenfluten treffen erst gegen 10 Uhr ein. Erst dann, wenn das Erlebnis des magisch-winterlichen Streiflichts nebst klarer Luft nicht mehr ganz so intensiv ist.
Eigentlich flog ich nach Athen um mein europäisches U-Bahn-Fotoprojekt fortzusetzen. Aber es zerschellte genau dort, wo an den Mauern mit „Hier beginnt Europa“ geworben wird. Unglücklicherweise sind die rabiaten Sicherheitsleute der Attiko Metro alles andere als gut zu sprechen auf dumme kleine U-Bahn-Fotos, angeblich wegen Graffitis.
Aber ok. Letztlich habe ich durch diesen „Verlust“ die Akropolis weitestgehend ohne Menschen, ohne jene nervig-selbstverliebten Selfie-Idioten erleben dürfen, die nichts weiter zu tun haben, als ihre Lebenszeit dummgrinsend und tausende von Facebook-Fotos (Datenmüll) schießend im Schatten eines der größten Kulturerbe der Menschheit zu verbringen.
Die Akropolis war mal mehr als nur eine Ansammlung von Säulenstümpfen. Im Wesentlichen litt sie unter dem Beschuss der Venezianer, die wiederum ein im Parthenon verstecktes Munitionslager der Osmanen trafen. Dat Ding ging hoch wie ne Rakete…, wie wir Berliner sagen würden.
Dieses größte anzunehmende Puzzle an mikroskopisch anmutenden Teilchen versuchen die Griechen seit den 1970er Jahren zusammen zu setzen, zu lösen. Eine Sysiphos-Aufgabe wie sie im Buche steht… Die omnipräsenten Kräne und Gerüste zeugen davon.
Zu Füßen der Akropolis – der Weg hinauf führt unweigerlich daran vorbei – ist das Dionysos-Theater, die wichtigste Schaubühne des antiken Griechenland gelegen. Auch dieser Ort ist einer der Wiegen der Menschheit. Hier wurde das Drama nicht nur erfunden sondern gelebt. Die berühmten klassischen Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides hatten hier ihre Uraufführung, bei Dionysien genannten Veranstaltungen. Weiter westlich davon liegt das gut erhaltene, mächtige Odeon des Herodes Atticus, welches ebenfalls als Theater diente.
Im Schatten jenes Burgbergs, dort wo Burgberg-ähnliche Mittagsrationen von Gyros und Zaziki serviert werden, sind zwei wichtige römische Hinterlassenschaften zu finden, die so genannten Agoren (ehemalige Markt- oder Versammlungsplätze). Auch diese Orte erzählen die Geschichte einer vergangenen Zivilisation, die einst als Imperium ins Rennen dann und als kläglicher Rest durchs Ziel ging.
Gern hätte ich die Athener Metro fotografiert. Hängen dort, in den historischen Bahnhöfen der Linien 1, doch die gleichen glasierten Kacheln aus Velten, wie sie auch bei uns hier in Berlin verbaut sind. Aber vielleicht kommen die Athener in Sachen U-Bahn-Fotos ja mal auf andere Gedanken als immer nur Schlechtes zu unterstellen…, und lassen eines Tages meine Fotoserie zu.