Goldener Oktober im schottischen Hochland
Schottland ist sehr viel besser als der Ruf seines Essens oder gar des Wetters, denn mittlerweile sticht das berühmt-berüchtigte schottisch-englische Klima das unsrige in Berlin klar aus. Egal ob in den Highlands oder aber in den Städten des Ostens, es gibt eigentlich immer die eine Lücke in den Wolken, die das Licht der tief stehenden Oktober-Sonne in die bergige Gegend zwischen Edinburgh und der Isle of Skye entlässt und so eine grandiose Landschaft in Szene setzt, oftmals sogar mit Regenbogen.
Kirchenreste und Dampfzüge
Die Fahrt geht ins Hochland, in die sagenumwobenen schottischen Highlands, der Heimat von Dudelsack, Schafen und sehr viel Whisky. Zuvor jedoch machen wir in der Küstenstadt St. Andrews Station, wo Schottlands erste Universität zu finden und der Ursprung des Golfsports beheimatet ist. Während daheim, zeitgleich Martin Luther in der eigenartigen Form eines Nationalhelden gehuldigt wird, gibt‘s in St. Andrews ein Opfer seiner Reformation, sprich die Ruinen der einst riesigen Kathedrale zu St. Andrew zu bestaunen. Heutzutage profitieren wir hingegen vom bundesweiten Feiertag der sich zum fünfhundertsten Male jährenden Kirchenspaltung.
Man könnte die Macher des Berliner Flughafens an der Ramme wähnen, wenn man von saftigen 160 Jahren Bauzeit für ein Gotteshaus hört. Damals, im Jahr 1158, waren weder Klaus Wowereit noch der Berliner Senat in Sicht und machten auch keine Entrauchungsanlagen noch katastrophale Türschließsysteme Ärger. Die Effekte heutiger politischer Stümperei sind jedoch die gleichen wie die der heftigen Stürme damals, die den Kirchenbau immer wieder zurückwarfen. 1318 konnte in St. Andrews dann endlich der erste Gottesdienst abgehalten werden.
Allerdings war im 16. Jahrhundert bereits Schicht im Schacht als die Reformisten 1559, die mit einer Länge von 119 Metern einst größte Kathedrale Schottlands, erst beklauten und sie dadurch dem Verfall preisgaben. Das Miteinander verwitterter Grabsteine und Jahrhunderte alter Kirchenreste wird vor blauem Himmel und einem derart saftig grünen Grasteppich präsentiert, dass man sich in der Kulisse einer Butter-Werbung wähnt.
Die Reise geht weiter nach Fort William, zur der Mündung des Kaledonischen Kanals und wo sich mit dem Ben Nevis der höchste Berg Schottlands erhebt. Fort William ist Start und gleichermaßen Ziel des Jacobite Steam Train, eines Dampfzugs bekannt aus den Harry Potter Verfilmungen. Die pittoreske Zugreise hat am bis zu 30 Meter hohen Glenfinnan Viadukt ihren Höhepunkt, wenn der Zug mit Hilfe von 21 Pfeilern die 380 Meter lange Strecke über einen Fluss buchstäblich überbrückt.
Pünktlich gegen 10:47 Uhr gibt die gen Mallaig ziehende Lokomotive Laut und dampft schnaufend über das mehr als 100 Jahre alte Brückenbauwerk. Auf der anschließenden Bergetappe muss der Lokführer, zur Freude der versammelten Touristenschar, schon mal ne Kohle mehr auflegen.
Kurze Nieselregenschauer produzieren im Spiel von Wolken und Sonne mehrere örtlich wandernde Regenbögen, die diese spannende Landschaft zwischen Loch Shiel und den Gulvain Bergen zusätzlich in Szene setzen. Der Jacobite ist gut frequentiert, um nicht zu sagen latent ausgebucht. Die Zugreise Fort William nach Mallaig ist definitiv ein Highlight das wir noch nachholen müssen, aber man braucht ja immer etwas um noch einmal wiederzukommen ;-)
Reif für die Insel (Skye)
Die Fähre von Mallaig nach Armadale hat einen technischen Schaden und so gondeln wir den großen Umweg über Spean Bridge, Invergary und Kyle zur bildhübschen Isle of Skye. Zuvor legen wir jedoch in Dornie einen Halt ein, wo das Eilean Donan Castle Zuhause ist. Besagte Burg diente bereits Braveheart, Rob Roy und selbst James Bond als Filmkulisse. Ehrlich gesagt merkt man ihr nicht an, dass man vor einer Rekonstruktion steht, denn zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde das Kastell schon einmal vollständig abgerissen.
Auf dem Weg zur Isle of Skye geht es durch Kyle of Lochalsh, wo wir erst einmal ordentlich Fish’n Chips tanken. Das Hector’s servierte uns ein saftiges, großes Schellfischfilet, mit das Beste der ganzen Reise. Das Essen ist einfach aber gut und stellt das kroatisch-kulinarische Desaster unserer letzten Dalmatien-Reise ganz klar in den Schatten.
Gut gestärkt geht’s über die Skye Bridge, die heute zum Glück nicht mehr mautpflichtig ist, auf die Insel der inneren Hebriden. Heißt £11.40 sind gespart die man auf Skye z.B. in der weltweit bekannten Talisker Distillery ausgeben kann.
Talisker, und damit der Whisky, ist nur ein Vertreter Schottlands dem man auf der Isle of Skye begegnen kann. Die Insel ist Schottland en miniature. Atemberaubende Bergpanoramen und Felsformationen beeindrucken rund um Sligachan, wo die alte Steinbrücke über den gleichnamigen Fluss ein Schottlandmotiv bietet, das seinesgleichen sucht.
Wieder beschert uns ein kurzer Nieselregenschauer einen intensiv prangenden Regenbogen. Unweit dieser Straßengabelung sind die Fairy Pools zu finden, eine Reihe kleinerer Wasserfälle deren klares, leicht bläulich schimmerndes Wasser zum Baden einlädt, sofern man die frostige Temperatur von 4-8°C aushält.
An den Fairy Pools wandern wir gipfelwärts entlang des Bachs, der sich über diverse Kaskaden ins Tal ergießt. Ohne Wanderschuhe geht dieser Tage nichts mehr, denn alles was nach Wiese aussieht, ist bis zu einem Meter dick mit Wasser vollgesogen und matscht ordentlich die Schuhe ein. Die Highland-Kühe, die wir auf dem Weg nach Elgol antreffen, bleiben regelmäßig in diesem Morast stecken so dass ihnen der schwarze Torf Stiefel an die Hufe malt. Vom kleinen Hafen in Elgol hat man übrigens einen herrlichen Blick auf das Bergmassiv von Alasdair und Dearg; jene zwei Berge, deren Nordseite man von den Fairy Pools aus in der Ferne sieht.
Die Zeit auf Skye vergeht wie im Fluge. Uns verschlägt es wieder südwärts nach Oban, in die Hafenstadt und selbsternannte Nummer Eins Schottlands in Sachen Meeresfrüchten. Der vom The Green Shack angebotene große Seafood Platter ist gigantisch, wird aber leider kalt serviert, weswegen die ein oder andere Garnele nicht durch ist. Die Jakobsmuscheln in zerlassener Knoblauchbutter waren dennoch ein Knaller. Ein anschließender Besuch in der ortsansässigen, kleinen aber feinen Destillerie bringt uns nicht nur den Klassiker des 14-jährigen Whiskys nah, sondern auch eine Destiller’s Edition mit nur 6.000 Abfüllungen der mit einer herrlichen Balance aus Rauch, Karamell und Süße überzeugt. Weiter draußen, z.B. auf der Insel Islay sind die die torfigeren Whiskys beheimatet; so rauchig, dass es teilweise mehr Spaß macht einen Ofen auszulecken.
Burgruinen und Bier
Wieder im Raum Edinburgh angekommen, besuchen wir mit South Queensferry, wo die großen Brücken den Firth of Forth überspannen, und North Berwick zwei reizende Küstenstädte. Letztere wartet mit dem imponierenden Tantallon Castle auf, einer auf einer Klippe stehenden, typisch schottischen verlassenen Burgruine.
Die Anlage ist ein Museum und gut gepflegt. Am eindrucksvollsten erscheint die Feste von der Ferne aus betrachtet, wenn ihr der riesige, im Meer aufragende Bass Rock als Hintergrund dient. Der Bass Rock ist Heimat einer Tölpelkolonie; einer wunderbaren Vogelart die ich bereits am Cape Kidnappers in Neuseeland und bei Lambert’s Bay in Südafrika erleben durfte.
In der Hauptstadt Schottland, in Edinburgh, tauchen wir in die lokale Pub-Kultur ein und quizzen uns durch den Montagabend bevor unsere Tour sich dem Ende zuneigt. Tags darauf bummeln wir durch die Straßen der Altstadt, bewundern die klassisch-schottische Architektur und lauschen den Klängen eines einzelnen, bestens angezogenen Dudelsackbläsers bevor es ins verregnete Berlin zurückgeht. Schottland, wir sehen uns bestimmt wieder :-)