Die Namib bei Sonnenaufgang – Luftfotos aus der Wüste
Die Namib ist mit circa 80 Millionen Jahre die älteste Wüste unseres Planeten. Gleichzeitig ist sie einer der unwirtlichsten Orte der Erde und wartet mit Tagestemperaturen von über 50 °Celsius auf. Trotz aller Einöde gibt es Schönheit, die sich vor allem zu Sonnenaufgang und -untergang offenbart. Ein Helikopterflug wird so zum optischen Hochgenuss, wenn riesige Dünen beginnen rot zu glühen und sich verborgene Strukturen entdecken lassen.
5:45 Uhr geht’s los in die Namib
Es ist ca. 4 Uhr morgens als meine nähere Umgebung wach wird. Die Zahl derer, denen der Schlaf und das Wohlbefinden Anderer scheißegal ist, ist erschreckend hoch diesen Morgen in Sesriem. Hier, am Rand der Wüste Namib, zeltet die Horde. Jeder von ihnen will Erster sein in der Wüste. Alle ertrinken aber bereits auf den ersten Metern in Unorganisiertheit und im Zeitbedarf von Rumkramen und Schminken.
Mittlerweile ist es kurz vor 5 Uhr. Die geräuschlastigen Blogger, Vlogger, Instagrammer und Mega-Traveller dieser Welt haben die Öffnung des inneren Parktors bereits verpasst. Meiner einer ist aber wach, denn diesen Morgen geht es mit dem Helikopter zum Sonnenaufgang in die Wüste. Genauer gesagt fliegen wir jenen Trichter ab, den der Trockenfluss Tsauchab in der Wüste hinterlässt und an dessen Rändern sich die gigantischen roten Dünen der Namib auftürmen.
Ich komme, wie tags zuvor mit den Rangern vereinbart, pünktlich um 5 Uhr am verschlossen äußeren Haupttor an. Nur ist dort irgendwie niemand… Ich warte und warte, aber so langsam wird die Zeit knapp. Unser Treffpunkt, die nah gelegene Sossusvlei Lodge, ist zwar buchstäblich um die Ecke, allerdings steht ein Stacheldrahtzaun zwischen meinem dortigen Abflug-Meeting und mir. Da sich längere Zeit nichts tut, lasse ich meinen Jeep so stehen wie er ist und klettere über den Stacheldrahtzaun.
Ein paar Schürfwunden später nehme ich am Abflug-Meeting teil. Kurz danach, pünktlich um 5:45 Uhr geht es auch schon los. Unser Helikopter ist ein zweirotoriger Robinson R44, dessen Kolbenmotor das gesamte Flugerlebnis prägen soll. Er beschleunigt unser Luftgefährt zwar auf bis zu 200 km/h, verlangt einem Fotografen aber auch ein besonders ruhiges Händchen, bzw. der Kamera-Objektiv-Kombi eine sehr geringe Verschlusszeit ab.
Mit dabei ist ein Pärchen aus Holland. Durch ihre Wohnwagenurlaube an der Müritz sprechen sie sehr gutes Deutsch. Netterweise bestehen sie darauf, dass unser Pilot seine Ausführungen in meiner Muttersprache hält. Wim spricht neben dem alten kolonialen Deutsch natürlich auch Afrikaans, was wiederum dem Niederländischen sehr ähnlich ist, und auch Englisch.
Luftfotos lichtdurchfluteter Sandberge
Kaum das wir gestartet sind, schiebt sich unser Zentralgestirn über den Horizont. Die Sonne flutet die Berge des nahen Naukluft-Parks mit Licht. Auch von hier oben sehen wir den (späten) Ansturm der Blogger, Vlogger, Instagrammer und Mega-Traveller dieser Welt auf die Dune 45. Auf ihrem Kamm versuchen sie nach Luft japsend nach oben zu gelangen. Unbeeindruckt von diesem Drama des Massentourismus, fängt ein von der Sonne illuminiertes, zeitloses Spektakel an. Das frühe Licht bringt das Rot des Eisenoxids im Sand der Dünen zum Glühen.
Doch zurück zu Natur und Schönheit, denn von hier oben lässt sich der Verlauf des Trockenflusses Tsauchab nicht nur in Form des Sesriem Canyons sondern auch an den Baumreihen erahnen. Einige von ihnen scheinen nahezu immergrün und so stark, allen Wüstenumständen trotzen zu können. Am Ende des unterirdischen Verlaufs des Tsauchabs warten, nach circa einer halben Stunde Flug, die Salz-Ton-Pfannen Sossusvlei, Naravlei, Deadvlei und Hidden Vlei auf uns.
Aus der Luft erkennt man in der Ferne den Ozean. Der Tsauchab hat es so gesehen eigentlich nicht mehr weit den Atlantik zu erreichen, versickert aber in der Wüste. Die von ihm transportierte Salz- und Tonmischung schuf dann wiederum jene Pfannen, deren abgestorbene Bäume die ganze Welt verzücken und auch als Filmkulisse für The Cell dienten.
Wir drehen um und es geht wieder zurück nach Sesriem. Auf dem Rückweg fegen wir in nur wenigen Metern Höhe mit ca. 170 Sachen über grasbewachsene Dünenkämme. Ein wenig fernab der großen Dünengiganten, wo nur der rote Sand dominiert, ist nämlich auch eine gehörige Portion Vegetation mit im Spiel. Kurz vor und nördlich von Sesriem erreichen wir dann auch die mystischen Feenkreise, für die die Namib berühmt ist und deren Entstehung immer noch ein kleines Rätsel ist. Und dann müssen wir auch schon wieder landen…