Lamberts Bay – Die Kaptölpel von Südafrika
Das Fischerstädtchen Lamberts Bay an der Westküste von Südafrika ist Heimat des Bird Island Nature Reserve. Sie beherbergt eine kleine aber feine Kolonie eines wunderschönen Seevogels, dem Kaptölpel.
Kaptölpel – Der Jäger mit den blauen Augen
Ich komme aus Namibia – von den großen Dünen der Wüste Namib – und mache Station in Lamberts Bay. Schläft man in einem Dachzelt, dann stellt sich der Schlafrhythmus schnell auf den Zyklus der Sonne ein. Und genauso ist es auch an diesem Morgen. Irgendwie bin ich, schon wieder, vor Sonnenaufgang wach. Also fackel ich nicht lange rum und statte der Kaptölpel-Kolonie einen frühen Besuch ab, auch des teilweise brillanten Lichts wegen.
Vor einem Jahr in Neuseeland konnte ich drei Tage mit diesen Vögeln verbringen und eine große Fotoreportage entstand. In Südafrika, in Lamberts Bay, sind Zutritt und Beobachtungsmöglichkeiten deutlich restriktiver. Und auch wenn sehr gern näher dran wäre, ist die große Distanz gut so. Die Lamberts Bay Kaptölpel-Kolonie wurde nicht wenige Male an den Rand der Existenz gebracht. Mal waren es Hauskatzen, mal Seebären, aber sehr sehr oft der Mensch. Die selbsternannte Krone der Schöpfung störte die Kolonie zum Beispiel durch den Abbau von Guano.
Auf dem Weg zum vorgelagerten Felsen des Bird Island Nature Reserve fällt mir sofort die hohe Dichte an Seevögeln auf. Auch die Mannigfaltigkeit der vorkommenden Spezies ist Wahnsinn. Selten so viele Tiere auf einem Haufen gesehen! Jeder Quadratzentimeter ist besetzt. Das Platzangebot gleicht dem Berliner TXL’er Bus nach der Ankunft der üblichen Wochenend-Ryanair-Alkoholtourismus-Tirade. Tausende Kormorane sitzen auf den Dächern der örtlichen Fischindustrie von Lamberts Bay und wärmen ihr Gefieder auf. Sie warten darauf in den Tag starten zu können.
Draußen, auf den Felsen in der See, kommt die Gesellschaft hunderter Küstenseeschwalben hinzu. Diese kleinen Kerle brüten in der Nordpolarregion und überwintern am Südpol. Heißt, einmal im Jahr geht’s mit 30.000 km Flugstrecke fast einmal um den gesamten Planeten. Jedes Jahr aufs Neue, wohlgemerkt! Die die Seeschwalbenarten ausmachenden Details sind homöopathisch. Und auch der Kaptölpel lässt sich nur schwer vom australasischen Artgenossen unterscheiden.
Der Klang der Jungtiere
Es ist einfach magisch die Kaptölpel in kleinen Gruppen raus auf die See, oder aber zurück zur Kolonie fliegen zu sehen. Dieses Treiben ist schlichtweg zeitlos. Hinzu kommt ihr Landemanöver, wenn sich die Tölpel tollpatschig auf den Boden fallen lassen. Genau wie am Cape Kidnappers in Neuseeland haben sich auch die Tölpel von Lamberts Bay auf eine Startbahn festgelegt. Und genau wie auf der anderen Seite der Welt sind viele Jungvögel zu sehen. Die starke Mauser, ihre dunkle Haut und das Dunengefieder verraten sie.
Man nimmt die kleinen Kaptölpel aber auch akustisch wahr. Das „Pumpen“ ihrer Lungen gepaart mit einem Fiepen gleicht dem Klang eines Kühlaggregats. Oder aber einem alten, unüberhörbar schief laufenden Keilriemen eines sowjetischen Ikarus-Busses. Dennoch ist dieser Klang derart individuell, dass der Altvogel weiß, wo er landen muss und seinen Nachwuchs findet. Die Erwachsenen schaffen Futter ran, und das finden sie im Benguelastrom reichlich.
Diese kalte Meeresströmung und ihr Nahrungstransport reicht bis weit in den Norden des westlichen Afrikas. Nicht nur die Kaptölpel profitieren von ihr, sondern auch die afrikanischen Seebären am Cape Cross. Final zeichnet sich dieser atlantische Strom sogar für die Bildung der Namib-Wüste, verantwortlich. Das Wasser mag nur 15 Grad haben, in der direkten Sonne aber, der Himmel zeigt kein Wölkchen, wird’s deutlich heißer, und die Luft im Versteck stickig. Mein Magen rebelliert, will Futter. Und so verlasse ich diese liebenswerten kleinen Kerle gen Frühstück und später Kapstadt.